Paris VI
Paris Folies | Irrationale Räume in Paris | Des espaces irrationnels à Paris
Der Französische Begriff „Folie“ ist äußerst vielschichtig und weniger negativ besetzt als sein deutsches Synonym „Wahnsinn“. Je nach Kontext kann „Folie“ Verrücktheit bedeuten, Unbesonnenheit, durchaus auch absichtliche Irrationalität, Grenzüberschreitung oder Ausblendung gültiger Regeln und Realitäten. Architekturgeschichtlich bezeichnet der Begriff „Folie“ den Typus einer kleinen, nicht rational begründeten Lustarchitektur im Garten des Barock|Rokoko. Diese Architektur-Folie dient keinem eigentlichen Zweck, außer dem Vergnügen, dem Raum-Experiment, der Illusion, der räumlichen Entrückung. Im Parc de la Vilette haben Bernhard Tschumi und Jacques Derrida – ein Architekt und ein Philosoph – die Folie für die zeitgenössische Architektur reaktiviert. Es gibt aber auch unerwartete, zum Teil sehr pragmatische Raumkonstrukte, die gegen gängige Regeln und Lesarten verstoßen. Was uns an diesem sehr französischen Phänomen interessiert, ist die spielerische, unbekümmert verstiegene Art, sich Raum und Architektur anzueignen, nach unkonventionellen, irrationalen Regeln. Architekten, Philosophen, Geschichtenerzähler und „ganz normale“ Stadtmenschen schaffen reale, fiktive, irrationale Räume: Illegale Schrebergärten, überwucherte Parkhäuser, abstruse Vorstellungen von Pariser Monumentalbauten, de-konstruierte Architekturen, Lustgrotten … der Pariser Stadtraum ist voller architektonischer Folies – mehr, als wir an einem einzigen Tag entdecken können.
Bisherige Termine: 02 | okt | 2010, 05 | mai | 2012